Hunderttausende wieder rauswerfen?

Wann haben Sie das letzte Mal von Griechenland-Krise, der Ukraine-Krise oder der Euro-Krise gehört?

Die Medien werden derzeit von Schlagzeilen über Flüchtlinge und PEGIDA-Demonstrationen dominiert. Es lässt sich nicht bestreiten, dass das die hohe Anzahl von Flüchtlinge Deutschland in eine Krise gebracht hat. Die anfängliche Willkommenskultur schwindet, weil das Aufnehmen von Flüchtlingen kein Ende zu nehmen scheint. Die Einwohner fragen sich, wie lange die Flüchtlingsaufnahme noch anhalten wird und wieviele Menschen insgesamt bei uns leben möchten. Meiner Meinung nach hat Angela Merkels „Wir schaffen das!“ Deutschland am Anfang positive Impulse gegeben, doch grenzt jetzt mehr an unrealistischen Ehrgeiz. Wie wird Deutschland diese Krise bewältigen? Werden alle Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert, genügend bezahlbarer Wohnraum für alle geschaffen und der wachsende Bedarf an Beamten wie Lehrer oder Justizangestellte gedeckt? Oder kippt die Stimmung in Deutschland, wegen politischer Versäumnisse, wird die Gesellschaft gespaltet, entsteht sogar Hass?

Empathie und Menschlichkeit sollten keine Grenzen haben. Die bittere Erkenntnis aber lautet: Humanität wird von faktischen Grenzen Einhalt geboten. Das Wünschenswerte ist mit dem Machbaren auf Dauer nicht in Einklang zu bringen. (Quelle)

In dem Artikel „Die Flüchtlingskrise überfordert uns“ beschreibt Thomas Schmoll das Dilemma zwischen humanitären Pflichten eines Staates und deren wirklichen Umsetzungsmöglichkeiten. Er sagt, dass es völlig normal sein sollte, mit den Betroffenen aus den Krisenländern mitzufühlen und deshalb ihnen Unterkunft zu gewähren. Aber es dann nicht die Schlussfolgerung sein könne, die Grenzen für immer offen zu halten. Schon jetzt gibt es in Großstädten kaum bezahlbaren Wohnraum, viele Studenten und Familien sind auf der Suche nach Wohnungen. Mit den Flüchtlingen wird die Situation kritischer, die Mieten werden in die Höhe schießen, was noch mehr Suchende als zuvor zur Folge hat. Dabei ist es gerade wichtig, die Flüchtlinge aus den isolierten Flüchtlingsaufnahmestätten zu bringen und aktive Integration zu fördern.

Das Volk wurde nicht gefragt, ob es einverstanden ist, eine Million Flüchtlinge aufzunehmen. (Quelle)

Die Politik regelt das Asylverfahren, doch der grundlegende Erfolg der Integration von Flüchtlingen hängt von den Bürgern ab. Sie tragen die unmittelbaren Auswirkungen wie z.B. steigende Mietpreise, Mangel an Lehrern, knapper werdende Sozialleistungen (Hartz VI) oder Glaubenskonflikte. Die Politik muss das politische Umfeld schaffen, die Einwohner mit einbeziehen und überlegen was mit Gemeinden passiert, wenn ein 100-Seelen-Dorf 500 Flüchtlinge aufnehmen muss (siehe Sumte). Hier müssen die Einwohner zu einer erfolgreichen Integration mit z.B. Informationsabende, Treffen zwischen Bürgern und Flüchtlinge, etc. beitragen, damit die Einwanderer in diesem Dorf eine Perspektive haben. Die Bewohner müssen sich auf die Neuankömmlinge einlassen, denn auch die beste Politik ist erfolglos, wenn nicht der sozialer Frieden gewahrt wird und die Bürger sich nicht solidarisch zeigen.

Die Bereitschaft mehr Flüchtlinge als bisher aufzunehmen sinkt

Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland

Laut einer Umfrage von infratest dimap im Auftrag des WDR, bei der 1014 Personen vom 19. bis 22. September befragt wurden, sinkt die Bereitschaft mehr Flüchtlinge aufzunehmen um 5%. Außerdem wollen 5% der Befragten weniger Flüchtlinge aufnehmen.

Aufnahme von Flüchtlingen Zeitverlauf

Im zeitlichen Verlauf lässt sich ein Abfall der Bereitschaft zur erhöhten Flüchtlingsaufnahme erkennen. Dieser Anteil war schon vorher mit maximal 30% und jetzt 17% eher weniger vertreten, aber es lässt sich ein Trend weiter nach unten vermuten. Auf der anderen Seite wollen immer mehr Befragte, dass Europa gleichviel aufnimmt, aber auch es gibt auch Befragte die für weniger Flüchtlinge stimmen. Mit 38% und 39% sind beide Prozentsätze knapp auf, aber der Graph mit den „weniger Flüchtlinge aufnehmen“ steigt stärker an und lässt somit auf eine stärkere Ablehnung der Flüchtlingsaufnahme schließen.

Gut gemeint reicht nicht

Wir können die Menschen nicht zurückschicken in Krieg, Hunger und Elend. Das wäre inhuman. Wir können aber auch nicht alle damit verbundenen Probleme mit Wir-schaffen-das-Parolen wegdiskutieren, dieses Dilemma lässt sich nicht wegträumen. (Quelle)

Abschließend lässt sich sagen, dass Deutschland vor einem noch nie zuvor vorhandenen Problem steht. Eine generelle Ablehnung der Menschen aus Kriegsgebieten ist ethisch ausgeschlossen, aber Deutschland kann nicht unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen. Es treffen verschiedene Kulturen aufeinander und somit wird es Veränderungen in naher Zukunft geben. Doch mit vorauschschreitender Politik und Solidarität aller Bürger könnte dieser Kraftakt bewältigt werden. Nun ist die Frage, was überwiegt: Eine Politik, die die kommende Probleme zu spät erkannt hat und mit „Wir schaffen das“ nicht richtig anpackt oder besorgte Bürger, die in wachsenden Flüchtlingszahlen weder für sich noch für die Flüchtlinge selbst eine Zukunft sehen.

3 thoughts on “Hunderttausende wieder rauswerfen?

  1. Drei kurze Anmerkungen/Impulse:

    1) »sinkt die Bereitschaft mehr Flüchtlinge aufzunehmen um 5%. Außerdem wollen 5% der Befragten weniger Flüchtlinge aufnehmen.« -> Prozentpunkte, nicht Prozent. Ein Rückgang von 22% auf 17% wäre ein Rückgang um 22,7 %, aber um 5 Prozentpunkte.

    2) Ich frage mich, ob es tatsächlich wünschenswert wäre, wenn »[e]ine Politik, die die kommende (sic!) Probleme zu spät erkannt hat und mit ›Wir schaffen das‹ nicht richtig anpackt«, überwiegt. Sollte es im positiven Fall nicht eine anpackende Politik sein, die in der Flüchtlingsfrage aktiv gestaltend agiert, den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern sucht und dabei berechtigte und vielleicht auch weniger berechtigte Sorgen ernst nimmt?

    3) Ich überlege, ob eine andere Überschrift als »Hunderttausende wieder rauswerfen?« besser wäre, da sie meines Erachtens nicht den Inhalt des Blogartikels widerspiegelt.

  2. Anna says:

    Hallo,

    ich finde es interessant, wie Du die positive und negative Sicht auf eine Problematik vereinst. Deine eigene Meinung bleibt dabei jedoch nicht verborgen und sie erscheint geerdet und nicht unrealstisch euphorisch.
    Jedoch verändert Dtl. sich jeden Tag- auch ohne Flüchtlinge. Mit den italienischen, spanischen und türkischen Gastarbeitern gab es die ersten Aufeinandertreffen von Kulturen – daran ist Dtl. nicht gescheitert!
    Warum haben wir Deutsche so wenig Vertrauen zu uns, dass wir glauben die Herausforderung nicht zu schaffen. Solllten wirklich 1 Mio Menschen (oder evtl. 4 Mio durch Familiennachzug) ein Land von 80 Mio in die Knie zwingen können?
    Ich habe jedoch eine Frage: Hat Deutschland in seiner Vergangenheit wirklich noch keine vergleichbare Aufgabe gehabt? Warum zählen z.B. die Vertriebenen nach WW2, die Wiedervereinigung oder die Flüchtlinge des Kosovo-Kriegs nicht?
    An Deiner Überschrift würde ich nichts ändern – Du nimmst die Schlussfolgerung der Flüchtlingsgegner auf und erarbeitest Deine Antwort. Provokation ist gut für Aufmerksamkeit. Es darf nur nicht zu oft oder populistisch genutzt werden.

  3. Anna says:

    Hallo, ich nochmal 😉
    Du schreibst, dass die Folgen des politischen Handelns bzgl. der Flüchtlinge, die Bürger zu tragen haben. Generell widerspreche ich dem nicht. Beim angespannten Wohnungsmarkt und evtl. auch bei den steigenden Mieten könnte ich zustimmen, wenn sich die Lage hier nicht schon vor den Flüchtlingen zugespitzt hätte; ebenso bei den geringen Festeinstellungen von Lehrkräften.
    Welchen Zusammenhang ich aber gar nicht verstehe ist, dass aufgrund der Flüchtlinge weniger Sozialleistungen gezahlt werden könnten, insbesondere Hartz IV. Gibt es dort tatsächlich einen Topf mit X Euro, welcher durch die Anzahl der Empfänger geteilt wird? Könnte ich mir dann vorstellen, dass der Topf so gering bemessen sein könnte, dass jeder Empfänger gerade mal 1 Euro erhielte?
    Oder wird bei Sozialleistungen eher von unten gerechnet und je mehr Anspruchsberechtigte es gibt, desto größer muss der Topf werden?

    https://www.tagesschau.de/inland/hartzvierurteil102.html
    Urteilsauszug zum Leistungsanspruch
    „Der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt. Wenn der Gesetzgeber seiner verfassungsmäßigen Pflicht zur Bestimmung des Existenzminimums nicht hinreichend nachkommt, ist das einfache Recht im Umfang seiner defizitären Gestaltung verfassungswidrig.“

    Ich verstehe das so, dass wenn der Staat die Hatz IV Leistungen unter das Existenzminimum senken würde, handelte er verfassungswidrig.
    Evtl. könnten Steuern erhöht werden, aber das wird sich noch zeigen. Solange es billiges Geld in Europa gibt, zahlt der Staat wenig Zinsen auf seine Schulden und steht daher mit seinem Haushalt recht gut da. Und bei der derzeitigen Beschäftigungssituation wird viel Einkommenssteuer gezahlt und wenig Transferleistungen in Anspruch genommen.

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