Ein Stück Heimat im Süden Lateinamerikas

Südamerika: Ein Kontinent, der sich in vielerlei Hinsicht von Europa und Deutschland unterscheidet. Angefangen von der Sprache, über die Kultur, bis hin zu den umgekehrten Jahreszeiten, ist vieles anders in Südamerika. Trotz dieser Unterschiede gibt es Orte, welche deutschen Kleinstädten zum verblüffen ähneln – dabei befinden sie sich mitten in Südamerika. Wieso diese existieren und welche Vor- und Nachteile diese mit sich bringen, wird im weiteren Text anhand von zwei Beispielen erklärt:

Ursachen der Auswanderung:  Im 19. Jahrhundert,  vor dem Ersten Weltkrieg, wurden viele Deutsche nach Südamerika gelockt. Dort wurden viele Arbeiter gebraucht, weshalb sich viele eine bessere Zukunft und ein wohlhabenderes Leben versprachen.  Nach dem Ersten Weltkrieg nahm diese Auswanderung aufgrund von wirtschaftlichen Problemen in Deutschland weiterhin zu.  Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts kam es verstärkt zu Auswanderung aus religiösen und politischen Gründen (Judenverfolgung).  Bis heute ist das beliebteste Land der Einwanderung mit Abstand Brasilien, gefolgt von Argentinien und Chile.

Beispiele:

Blumenau, Brasilien: Blumenau ist eine Stadt im Süden von Brasilien. Sie wurde 1850 von einem deutschen Ehepaar gegründet und hat mittlerweile (Stand 2010) ungefähr 310 Tausend Einwohner. Die ersten 100 Jahre lebten in Blumenau ausschließlich Deutsche, wodurch die offizielle Sprache lange Deutsch war. Nach und nach mischte sich die Bevölkerung, sodass Mitte des 20. Jahrhunderts auch Italienisch und Polnisch gesprochen wurde.  1942 begann Brasilien an der Seite der USA in dem 2. Weltkrieg gegen Deutschland zu kämpfen. Dadurch wurden viele Gesetze in Blumenau verschärft und die deutsche Sprache verboten. Mittlerweile ist Portugiesisch die offizielle Sprache, dennoch wird Deutsch noch von sehr vielen Einheimischen gesprochen und an vielen Schulen unterrichtet. Eine der größten finanziellen Einnahmen Blumenaus ist der Tourismus. Aufgrund der deutschen Architektur, vor allem Fachwerkhäuser und dem deutschen Essen kommen jedes Jahr tausende Touristen in die Stadt, um den deutschen Flair in Brasilien zu spüren. Seit 1984 findet in Blumenau jährlich ein  Oktoberfest statt, das bis zu 600 Tausend Touristen in die Stadt lockt. Nach dem Karneval ist das Oktoberfest in Blumenau mittlerweile das zweit größte Volksfest Brasiliens.

Colonia Tovar, Venezuela: Diese Stadt liegt im Norden Venezuelas und hat ungefähr 21 Tausend Einwohner. Sie entstand, nachdem 1843 eine Gruppe Deutscher vom Kaiserstuhl nach Venezuela auswanderten. In einem damals noch abgelegenem Teil des Landes, bauten sie Fachwerkhäuser, brauten ihr eigenes Bier und lebten nach der deutschen Kultur abgeschieden in Venezuela weiter. 1964 wurde eine größere Straße gebaut, wodurch Colonia Tovar erstmals direkten Anschluss zur Moderne hatte.  Bis heute werden weiterhin alemannische Dialekte gesprochen und Fasnacht gefeiert. Wie auch in Blumenau ist die Stadt eine große Touristenattraktion, vor allem für die Venezolaner aus der nahen Hauptstadt Caracas. Im Mai 2017 kam es  in Colonia Tovar zu Ausschreitungen, weshalb die Stadt jetzt unter Militärkontrolle steht. Grund dieser Ausschreitungen waren starke Proteste gegen den Präsidenten Nicolas Maduro.

 

Vor- und Nachteile:

Die folgenden Vor- und Nachteile beziehen sich nicht nur auf die genannten Beispiele, sondern auf deutsche Siedlungen in Südamerika im allgemeinen.

Vorteile: Kolonien im Ausland bieten Deutschen die Möglichkeit, ihre Kultur auch außerhalb des Landes ausleben zu können.  Bürger, welche aufgrund von politischer, oder religiöser Verfolgung ihr Land verlassen mussten, fanden in Südamerika einen Ort um wieder uneingeschränkter zu leben. So fanden zum Beispiel viele Juden in der Zeit des Nationalsozialismus ein neues zu Hause in Südamerika. Da viele Auswanderer in großen Gruppen emigrierten, bot sich für sie ebenfalls ein großer Vorteil: Sie lebten zwar außerhalb von Deutschland, hatten aber dennoch Menschen mit den gleichen kulturellen Hintergründen in ihrer Umgebung.

Nachteile: Viele Bewohner deutscher Siedlungen lebten sehr abgeschieden und bekamen nur wenig über ihr neues Heimatland mit. Dadurch wurden sie lange nicht in den Staat integriert und akzeptiert. Ein weiteres Problem war die Integration des Volkes, der neuen Heimat in die deutsche Kolonie. Nach Aussagen der Anwohner des ehemals deutschen Dorfes Frutillar in Chile, wurden Chilenen oft diskriminiert und ungerecht behandelt.  Bis heute sei es dort ein Problem, dass Deutsche zum reicheren Volk gehören, während Chilenen zur ärmeren Bevölkerung.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Verbreitung der deutschen Kultur in Südamerika noch immer präsent ist. Vor allem die Bevölkerung der Stadt Blumenau ist in den letzten Jahren stark gestiegen und hat sich innerhalb von vier Jahren (2010-2014) nach Schätzungen zufolge um 25 Tausend Einwohner erhöht.

 

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