Der Plan Colombia – Die Gringos stellen die Waffen, Kolumbien die Toten

„Los Gringos ponen las armas / Colombia pone los muertos“. Das bedeutet so viel wie: „Die Gringos stellen die Waffen, Kolumbien die Toten“. Mit „Gringos“ sind anderssprachige Ausländer, hier vor allem aus den USA gemeint. Der Spruch steht mit dicken, schwarzen Buchstaben auf einem Plakat in Kolumbien. Daneben wurde eine Karikatur gemalt. Die Zeichnung zeigt einen Stiefel mit einer Amerikanischen Flagge, der eine kolumbianische Flagge zertritt. Plakate solcher Art finden sich häufig in Kolumbien und sind ein Hilfeschrei der Bevölkerung. Sie beziehen sich auf den rund zehn Milliarden US-Dollar schweren „Plan Colombia“, ein Programm der kolumbianischen Regierung, das die Armee legitimiert, für polizeiliche Zwecke aktiv zu werden. Ziel davon ist es, den Drogenkrieg in Kolumbien zu gewinnen. Für die arme Bevölkerung stellt das Programm allerdings ein tragisches Erlebnis dar.

Laut Angaben des US-Außenministeriums sollte der Plan Colombia, der während der Präsidentschaft von Andrés Pastrana (1998-2002) und Bill Clinton (1997-2001) entwickelt wurde, in erster Linie gegen den illegalen Drogenhandel und den Anbau von Koka vorgehen. Er sollte aber auch den Vertrieb von Kokain in den ersten sechs Jahren (1999 – 2005) um 50 Prozent reduzieren. Die Regierung wollte damals eine Verbesserung der Sicherheit erzielen, indem man Gebiete zurückerobert, die von illegalen, bewaffneten Gruppen besetzt wurden. Ein Bericht des US-amerikanischen Rechnungshofes GAO von 2008 räumt allerdings ein, dass diese Ziele nicht erreicht wurden und dass man diesem Plan neue Impulse geben müsse.

Zur Vorgeschichte des Plan Colombia sollte man wissen, dass sich Ende der 1990er Jahre eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse zwischen Aufständischen und kolumbianischer Regierung bemerkbar machte. Der damalige Präsident Andrés Pastrana stand unter mächtigem Druck, da sich die FARC in die Offensive zwängte. Dies veranlasste den Präsidenten zu den Friedensgesprächen von Caguán, die Zeit schaffen sollten, um gemeinsam mit der CIA einen Plan zu entwickeln: Den Plan Colombia. Zu dieser Zeit wurden Pressemitteilungen wie diese veröffentlicht, die die Besorgnis der Bevölkerung widerspiegeln:

„Die zweite Hälfte der 1990er Jahre war vielleicht die unheilvollste Zeit, die die kolumbianische Armee je erleiden musste. In diese Zeit fallen die Einnahme von Mitú, der Hauptstadt von Vaupés durch die FARC, deren Rückeroberung drei Tage dauerte und bei der 20 Polizisten getötet und 81 entführt wurden; das Massaker von Puerres (Nariño) vom September 1996 mit 31 getöteten Soldaten; die Einnahme von El Billar, Cartagena del Chairá (Caquetá) im März 1998 mit 64 Toten, 19 Verletzten und 43 entführten Soldaten sowie die des Bergs Patascoy (Nariño) am 21. Dezember 1997, bei dem elf Soldaten starben und 18 entführt wurden.

Angesichts dieser heiklen, innerpolitischen Situation war sich die kolumbianische Regierung einig, dass eine Veränderung notwendig war und das Angebot der militärischen Unterstützung durch die USA angenommen werden sollte. Ziel war es den Vormarsch der aufständischen Guerilla zu stoppen.

In einem umfangreichen Artikel, den die Washington Post im Dezember 2013 veröffentlichte, wird die Rolle der CIA, des Pentagons und des US-Außenministeriums sowie der Geheimdienste ausführlich erläutert. Der Artikel erhält jedoch weder Information über die Auswirkung dieses gescheiterten Anti-Drogenkrieges, noch erwähnt er die wahllosen Bombardements und Giftgasattacken auf Anbauflächen von Bauern. Diese Taktik wird nach wie vor vom Militär benutzt und verursacht große Angst in der Bevölkerung, die außerhalb des Anbaus von Koka und dem Leben in diesen militärischen Konfliktgebieten keine sichere Alternative zum Überleben haben. Durch die militärische Hilfe, Beratung und Training im Zuge des Plan Colombia wurden diese Angriffe noch verstärkt.

Im Gegensatz zur Washington Post nennt der Bericht „Es Reicht! Kolumbien: Erinnerung an Krieg und Würde“ des Nationalen Zentrums der Historischen Erinnerung (CMH) Zahlen. Dort wird angegeben, dass zwischen 1958 und 2012 220.000 Personen infolge des bewaffneten Konflikts starben; 180.000 davon waren zivile Opfer; 25.000 sind verschwunden; 27.000 entführt; fast sechs Millionen aus ihrer Heimat vertrieben und enteignet; und mehr als 5.000 ermordet, die von der kolumbianischen Armee als im Kampf gefallene Guerilleros verkauft wurden und unter dem Namen „falsos positivos“ bekannt wurden.

Wenn man sich die politischen, ökonomischen und militärischen Interessen derjenigen, die den Plan entworfen haben, sowie die der USA und der kolumbianischen Elite vergegenwärtigt, zeigt sich trotz der erhöhten Dauer und Kosten sowie einer geschwächten Armee ein aus deren Augen recht positives Resultat.

Wirft man jedoch einen Blick auf die Interessen der betroffenen Bevölkerung, besonders der armen Bauern und der Indígenas, stellt der Plan Colombia nur noch ein tragisches und fürchterliches Erlebnis dar. Ihre Rechte wurden verletzt, sie verloren geliebte Menschen, ihr Land und ihr Hab und Gut – ganz abgesehen von dem erlebten Leid und dem Schrecken des Krieges. Die Autoren und Strategen des Plan Colombia können den Krieg daher nicht mit einer weißen Weste entkommen, denn an ihnen klebt das Blut tausender, unschuldiger kolumbianischer Bürger.

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