Volkswagen is world’s most sustainable automotive group
verkündete VW am 11.09.2015. Stolz berichtet man, dass die Volkswagen Group erneut die Top-Position im weltweit „führenden Nachhaltigkeitsranking“ erhalten habe. Das Ranking ist Teil der Dow Jones Sustainability Indeces. Unter anderem habe man Bestnoten in den Bereichen „climate strategy“ und „code of conduct“ („Verhaltensnormen“) erhalten.
Nur neun Tage später muss VW zugeben, bei der Messung von Emissionswerten bei vielen hundert tausend Dieselfahrzeugen in den USA betrogen zu haben. Dahinter steckte enorme kriminelle Energie:
Die Software erkenne, wenn die Emissionswerte des Fahrzeugs getestet werden. Dann schalte sie sich ein und beginne, die Emissionen zu regulieren. Diese Kontrolle sei während normaler Fahrten abgeschaltet. Das Auto emittiere dann deutlich mehr Schadstoffe, als von Volkswagen angegeben (Quelle).
Diese Entwicklung bringt einige Aspekte auf den Tisch:
- Firmen schmücken sich gern mit ihren Errungenschaften im Bereich Nachhaltigkeit und möchten diese gerne dazu nutzen, ihr Image bei den Kunden und damit – so die Hoffnung – auch ihre Umsätze zu verbessern.
- Da Firmen und vor allem Aktiengesellschaften aber dazu da sind, Gewinne zu erwirtschaften und in erster Linie die Interessen ihrer Aktionäre zu beachten haben, ist die Versuchung groß, die Nachhaltigkeit als grünes Feigenblatt vor die hässlichen Aspekte der Produkte zu hängen.
- Die Politik, die Maßstäbe für die Nachhaltigkeit der Wirtschaft festlegen und kontrollieren muss, befindet sich damit in einer Art Wettrüsten mit den Konzernen: In komplexen Produkten stecken vielfältige Möglichkeiten für die Manipulation von Testergebnissen. Die Tester müssen ständig wachsam sein und nach immer neuen Schlupflöchern suchen.
- Auch Auszeichungen wie der Dow Jones Sustainability Index sind mit Vorsicht zu genießen, denn es ist kaum zu überprüfen, nach welchen Kriterien und mit welcher Sorgfalt die Daten dafür gesammelt und überprüft wurden. Fast jeder kann einen Preis verleihen und eine schöne Website dazu ins Netz stellen. Nur wenige Kunden werden sich die Mühe machen, das zu hinterfragen. Auch das ist eine Versuchung zur Manipulation für Konzerne, Beraterfirmen und Investoren.
In einem Interview mit der ZEIT sagt Axel Friedrich, der Leiter der Verkehrsabteilung des Umweltbundesamtes, dass man damit rechnen müsse, auch bei anderen Autoherstellern Manipulationen der Abgaswerte zu entdecken.
Dass Vorschriften umgangen werden, indem Prüfstandsmessungen manipuliert werden, ist Fachleuten seit Langem bekannt. […]
Die Abweichungen sind immens. Messungen an 15 Dieselfahrzeugen haben ergeben, dass die Emissionen siebenmal höher sind als erlaubt – im Durchschnitt. (Quelle)
Insofern kann man sich als Bürger nicht einfach auf veröffentlichte Informationen verlassen. Sowohl Wirtschaftsunternehmen als auch die Politik verfolgen das Ziel der Nachhaltigkeit nicht immer mit ernstem Interesse, sondern haben auch – oder sogar vor allem – andere Ziele.
In dieses Gesamtbild passt auch die Meldung, dass die BWM-Großaktionäre der CDU eine äußert großzügige Spende haben zu kommen lassen – kurz nach der Wahl und nachdem sich die Bundesregierung in Verhandlungen mit der EU erfolgreich gegen strengere Abgasgrenzwerte eingesetzt hat.
„Errungenschaften“ und Auszeichnungen müssen kritisch hinterfragt, Veröffentlichungen mit Hilfe anderer Quellen verglichen und überprüft werden, um sich der Wahrheit zumindest einigermaßen anzunähern.
Dieser Artikel ist super geschrieben. Sogar die Verstrickung zwischen Politik und Wirtschaft! Wenn nur auch ich das alles schon in der Schule gelernt hätte und nicht erst Jahre später ;(
Beim Fazit (frei übersetzt: man kann keinem trauen) fände ich noch toll, wenn herausgestellt wird, dass von der Politik in Berlin das eine gesagt aber in Brüssel das Gegenteil davon getan wird.
Diesen Beitrag habe ich gern gelesen – Hut ab!
Danke für Dein positives Feedback.