Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Artikel 3.2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland
Wir in Deutschland können gut behaupten, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Die Politik bestärkt Frauen in Führungspositionen, die mächtigste Person in Deutschland ist eine Frau und Frauen dürfen seit 1918 wählen gehen. Viele Väter in Deutschland nehmen Elternzeit, um die Frau zu entlasten und um bei der Erziehung des Kindes teilzuhaben. Ein wichtiger Schritt, da die Erziehung nicht nur Muttersache sein sollte, sondern auch soweit gehen soll, dass der Vater sich intensivst um das Kind kümmern kann. Das altmodische Familienbild, dass die Mutter zu Hause als Hausfrau fungiert, und der Vater das Geld heimbringt, ist für viele Frauen ein Albtraum. In den Medien wird auch von Karrierefrauen gesprochen, meist im negativen Sinne, welche gut bezahlte Jobs haben und ihre Kinder vernachlässigen, sie erst spät abends aus der Kita holen und von einer Tagesmutter zu Hause versorgt werden.
Ganz anders schaut es in Entwicklungsländern wie Indien aus: Hier werden leider immer noch viele Frauen und Mädchen als minderwertig bezeichnet; Gewaltverbrechen an Frauen werden nicht anerkannt und landen nicht vor Gericht. Auch im schulischen Bereich werden Mädchen vernachlässigt: In Indien liegt der Alphabetisierungsgrad der Mädchen zwischen 15-24 Jahren zwar bei 74% und in Bangladesch bei 76%, jedoch kann man daraus auch die hohe Analphabetisierungsrate schließen. Schwangere wünschen sich nur Söhne als Kinder, da Mädchen als Last gelten. Wenn sie verheiratet werden sollen, muss die Familie oft noch eine teure Mitgift zahlen, mit welcher sich die Familie jahrelang verschulden kann.
Mädchen werden noch heute bei der Geburt erwürgt, vergiftet oder lebend verscharrt (…) – Quelle
Auch in ärmeren Ländern Äthiopien dürfen viele Mädchen immer noch nicht zur Schule gehen. In Indien gehen 1,407 Millionen Mädchen nicht zur Schule, im Vergleich dazu besuchen „nur“ 870 Tausend Jungs die Schule nicht. Auch in Äthiopien, eines der ärmsten Länder der Welt, wird 1,335 Millionen Mädchen eine Schulbildung verwehrt, aber nur 925 Tausend Jungs gehen nicht zur Schule. Aktuelle Zahlen aus Deutschland gibt es zum Schulausschluss der Mädchen nicht, da Bildung hier für alle Kinder Pflicht ist.
Mädchen müssen in Indien und Äthiopien auch früher heiraten als ihre Brüder, zum Beispiel werden die meisten Mädchen in Äthiopien mit 21 Jahren und in Indien schon mit 20 Jahren verheiratet. Die Dunkelziffer wird aber niedriger sein, da Mädchen in den Familien als Last angesehen werden und die Familie durch eine günstige Hochzeit sich Vorteile sichern kann. Viele Mädchen dürfen sich ihren Lebenspartner nicht aussuchen und die Familien entscheiden oft nicht zum Wohl des Mädchen. So passiert es, dass eine 18- Jährige sich mit einem 60- Jährigen verheiraten muss.
Das Ziel
Aus diesen und vielen mehr Gründen lautet das fünfte Ziel der SDG: „Achieve gender equality and empower all women and girls“. Dabei sollen alle Formen der Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen bekämpft werden; die Beschneidung junger Mädchen aus traditionellen Gründen eliminiert werden und für ein volles Stimmrecht der Frau in der Öffentlichkeit gekämpft werden. Zudem sollen alle Mädchen ein Recht auf Bildung haben.
Da die ländlichen Gebiete Indiens noch sehr in den alten Traditionen verankert sind, muss hier eine Aufbrechung der Traditionen stattfinden. Männer sollten lernen, dass Frauen ebenfalls das Recht haben, eine Schulbildung zu erhalten oder auch, dass Gewalt gegen Frauen ein Tabu ist. Aber auch Frauen müssen zu Selbstbewusstsein gelangen, sie haben das Recht zu Wissen, dass sie genau so wertvoll sind wie Männer und sie müssen lernen sich vor körperlicher Gewalt zu schützen. Auch das Kastensystem in Indien stellt noch ein großes Problem dar: Obwohl nur 22 Prozent der Inder der oberen Kaste angehören, haben sie die ganze Macht. Das Umdenken eines ganzen Landes ist gefordert; Indiens Politik muss demokratischer werden und sich mit den Bürgerrechten auseinandersetzen. Denn die Poltik hat lang genug weggeschaut.
Dalit-Frauen (Unterschicht) werden im Vergleich zu Frauen aus höheren Kasten überproportional häufig vergewaltigt. – Quelle
Positive Hervorhebung verdient die differenzierende Sicht dieses Beitrags auf mindestens einige unterschiedliche Weltregionen. Das ist erfreulich erfrischend in dieser häufig verengt und einseitig geführten Debatte.
Ein Desiderat bleibt allerdings darin bestehen, fair gegenüber alternativen Lebensentwürfen zu bleiben. So ist meines Erachtens das Wort „altmodisch“ für das über Jahrhunderte tradierte Familienkonzept zu wertebeladen, als dass man es hier verwenden sollte.
Ebenso problematisch zeigt sich meines Erachtens die Sicht, Karrierefrauen würden über die Maßen gegeißelt. Dies liest sich meines Erachtens so. Verzeihen Sie den Bezug auf meine Erfahrungswelt als Ersatz mir nicht ad hoc vorliegender Statistiken. Ich kenne diverse Mütter, die von manchen (feministischen) Frauen extrem hinterfragt werden, warum sie sich von einem Mann abhängig machten. Das „Heimchen am Herd“ erfährt medial ebenfalls keine gute Konnotation. Hier könnte man also für die deutsche Situation differenzieren. Ebenfalls mögen viele Frauen für ein sogenanntes „modernes“ Familienbild sein und eintreten. Allerdings scheint das durchaus auf eine ganz bestimmte Klientel besonders zuzutreffen. Mindestens ebenfalls viele nervt dagegen die Bevormundung durch Karrierefrauen, Feministen und andere Menschen, denen es nicht genügt, selbst gleichberechtigt zu sein, die dies allerdings als Gleichbepflichtigung gern auch anderen vorschreiben würden.
Insofern ist die Debatte auch für Deutschland noch lange nicht zuende.
Vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar und die konstruktiven Anregungen.