Das Ende der FARC?

Der Friedensvertrag der FARC mit der kolumbianischen Regierung

Die linksgerichteten FARC („Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens“) waren die größte und älteste Guerillaorganisation Lateinamerikas. Im Laufe ihres bewaffneten Konflikts mit dem Staat Kolumbien, der von 1964 bis 2016 andauerte, wurden über 220.000 Menschen getötet. Die Regierungsstelle für Kriegsopfer zählt zudem mehr als 7,6 Millionen direkte und indirekte Opfer des Dauerkonflikts, dazu zählen beispielsweise Menschen, die aus ihren Heimatorten vertrieben wurden.

Nun soll dieser Konflikt jedoch ein Ende haben: Seit dem Jahr 2012 hat die kolumbianische Regierung unter dem Präsidenten Juan Manuel Santos mit den FARC über einen Friedensvertrag verhandelt. Die Verhandlungen fanden auf neutralem Boden in Kuba statt. Im November 2016 wurden die Verhandlungen schließlich erfolgreich abgeschlossen, der kolumbianische Senat und anschließend auch das Parlament haben dem Abkommen zugestimmt. In dem Vertrag verpflichten sich die FARC, alle ihre Operationen aufzugeben und den bewaffneten Kampf einzustellen. Die noch ca. 5800 Kämpfer der FARC müssen ihre Waffen innerhalb von 6 Monaten abgeben. Die ehemaligen Mitglieder der FARC sollen dann einmalig eine Zahlung von 2 Millionen Pesos (rund 610 Euro) und zwei Jahre lang eine monatliche Basisrente von 215 US-Dollar erhalten.
Außerdem wurde eine Sonderjustizregelung für die im Konflikt verübten Verbrechen festgelegt:  Die Verbrechen sollen aufgeklärt werden, aber für Geständige gilt eine Höchststrafe von 8 Jahren Haft. Die Urteile, die von dem hierfür zuständigen Sondertribunal gefällt werden, können aber vor dem Verfassungsgericht angefochten werden.
Weiterhin müssen die FARC alle Informationen über ihren Drogenhandel offenlegen. Es ist geplant, die Koka- und Marihuanaplantagen Schritt für Schritt durch Anbauflächen für legale landwirtschaftliche Produkte zu ersetzen und die Bauern bei dieser Umstellung zu unterstützen.
Das Vermögen, das die FARC hauptsächlich durch Drogenhandel, aber auch durch illegalen Bergbau und Schutzgelderpressung erwirtschaftet haben, müssen sie offenlegen. Es soll für die Entschädigung der Opfer verwendet werden.
Die ehemaligen Guerillakämpfer müssen jedoch nicht aufhören, sich für ihre Ziele einzusetzen: Sobald sie ihre Waffen abgegeben haben, können sie mit der Gründung einer Partei beginnen. Für die nächsten zwei Wahlperioden werden ihnen mindestens je fünf Sitze im Senat und in der Abgeordnetenkammer garantiert. Danach müssen sie ihre Mandate wie jede andere Partei im normalen Wahlprozess gewinnen. Der Staat garantiert den ehemaligen Rebellen freie politische Beteiligung.
Die FARC haben es geschafft, dass einer der ursprünglichen Auslöser des Konflikts bereits im Friedensvertrag Beachtung findet: Das Abkommen legt fest, das der zurzeit extrem konzentrierte Landbesitz gerechter verteilt werden soll. Konkret soll ein Fonds in den kommenden zehn Jahren drei Millionen Hektar Land verteilen. Außerdem wurde festgelegt, dass Vertriebsstrukturen für landwirtschaftliche Produkte aufgebaut, Bauern geschult und neue Häuser gebaut werden.

Am 15. August 2017 hat die Rebellengruppe schließlich tatsächlich ihre letzen Waffen abgegeben, damit ist der Konflikt offiziell zu Ende. Kolumbiens Präsident Santos, der für seine Bemühungen um die Beendigung des Konflikts mit den FARC 2016 den Friedensnobelpreis erhielt, erhofft sich nun einen wirtschaftlichen Aufschwung Kolumbiens.

Der Friedensvertrag stößt bei der Opposition und großen Teilen der Bevölkerung auf starke Ablehnung, da den FARC ihrer Meinung nach zu große Zugeständnisse gemacht werden. So können zum Beispiel ehemalige Guerillakämpfer, die eigentlich eine härtere Strafe verdient hätten, dennoch nur zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt werden. Außerdem hat das Abkommen noch weitere Schwächen: Es ist zwar geplant, den illegalen Kokaanbau zu vermindern, aber Beispiele aus anderen Länder wie beispielsweise Bolivien zeigen, dass der Kokaanbau so lukrativ ist, dass es sehr schwer ist, ihn durch die einfache Unterstützung der Bauern bei der Umstellung auf den Anbau legaler landwirtschaftlicher Produkte einzudämmen. Zudem soll das Vermögen der FARC zwar für die Entschädigung der Opfer verwendet werden, wie viel Geld die FARC wirklich verdient haben und wie man Zugriff darauf bekommen soll, ist jedoch unklar.
Dennoch ist der Friedensvertrag eine sehr gute, historisch einmalige Entwicklung für Kolumbien, da ein seit über 50 Jahren andauernder Konflikt friedlich beendet wurde.

In früher von den FARC kontrollierten Regionen drohen nun andere Banden die Kontrolle über den Kokaanbau und den Drogenhandel zu übernehmen. Außerdem ist die kleinere Guerillagruppe ELN („Nationale Befreiungsarmee“) immernoch aktiv. Kolumbiens Regierung führt derzeit Friedensgespräche mit der ELN, Präsident Santos strebt ein ähnliches Abkommen wie das mit den FARC abgeschlossene an.

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